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Spiel statt Leistungsdruck für zeitgemäßen Sport

Maßgeschneidertes Judo-Training: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken …“ Turnerschaft optimiert Angebote für Kinder und Jugendliche

Viele Sportvereine und Trainer klagen über Nachwuchsmangel, denn immer weniger Jugendliche wollen den Erfolg im Wettkampf wegen der harten Arbeit zuvor. Gleichzeitig scheinen gerade motorisch belastete Kinder und Teenager einfach in die Vereine abgeschoben zu werden. Die Judo-Abteilung der Turnerschaft Göppingen stellt sich diesen Herausforderungen auf hohem Niveau und mit professioneller Unterstützung. Ihr neues Trainingsprogramm erarbeiteten sich die Judoka gemeinsam mit zwei Kommunikationsexperten.

„Viele Jugendliche von heute können weder auf einem Bein stehen, noch ein paar Schritte rückwärts laufen ohne zu fallen“, sagt Emil Adler von der Turnerschaft Göppingen. „Andere sind körperlich fit, aber zappelig und unkonzentriert.“ Seit Jahrzehnten engagiert sich Adler als Judo-Trainer, baute die landesweit erfolgreiche Judo-Abteilung der Turnerschaft mit auf und ist in mehreren Vereinen des Kreises für seinen Sport verantwortlich. Er hat den Wandel bei seiner Klientel somit hautnah mitbekommen, wie kaum ein anderer.

„Die Arbeit mit den Jugendlichen von heute wird immer anspruchsvoller“, sagt nicht nur Alexander Rommel, Trainer-Beauftragter der Turnerschaft. Immer weniger Teenager hätten wirklich Lust auf sportliche Erfolge und harte Wettkämpfe. Geblieben sei jedoch die natürliche Freude der Kinder an der Bewegung. Die Judo-Trainer der Turnerschaft haben sich deshalb entschlossen, ihre Abteilung den neuen Bedürfnissen anzupassen. Rommel: „Schließlich muss der Wurm dem Fisch schmecken und nicht dem Angler!“

Um ihr Programm zu optimieren, holten sich die Judotrainer der Turnerschaft Rat von zwei erfolgreichen Kommunikationsberatern des Trainernetzwerkes 12talente. Die Schorndorfer Rhetorik-Spezialistin Eva Neumann arbeitet unter anderem für DaimlerChrysler, ihr Stuttgarter Kollege Peter Kensok ist selbst als Judotrainer in einem Verein tätig: „Da viele Eltern kaum Zeit für Sport haben und dieses Fach in den Schulen stiefmütterlich behandelt wird, finden die Kinder heute häufig erst in den Vereinen ihre Bewegungsvorbilder. Damit hat eine neue Ära für Vereine und Trainer begonnen.“

Die Experten nahmen zunächst die einzelnen Trainer in Aktion unter die Lupe. Eva Neumann bewegten vor allem diese Fragen: „Wie kommunizieren die Trainer mit den Jugendlichen und Kindern? Gehen sie wirklich auf den einzelnen ein? Wo fordern sie möglicherweise etwas, was sie selbst nicht leisten?“ Später analysierten Trainer und Berater die Beobachtungen gemeinsam, diskutierten Verbesserungsvorschläge und arbeiteten ein Trainingsprogramm aus, das auf die Bedürfnisse der Jugendlichen zugeschnitten ist.

„Es ist nicht so, dass Kinder und Jugendliche keinen Spaß mehr am Sport haben“, sagt Judotrainer Michael Zauner, „sie haben einfach andere Bedürfnisse als noch vor einigen Jahren.“ Und sein Partner, Uli Marks, ergänzt, dass gerade Judo für viele Kinder mit Koordinations- oder Konzentrationsschwierigkeiten eine große Hilfe sei. Das Üben in einer größeren Gruppe, die Mannschaftswettbewerbe und der achtsame Umgang mit dem Trainingspartner würden vielen Kindern auch sozialen Halt geben. Die Judotechniken im Stand und im Boden verbessern zudem nicht nur Kraft und Kondition, sondern auch die Koordination und Feinmotorik.

Alexander Rommel freut sich, dass seine Trainerkollegen sich auf den Rat der Kommunikationstrainer einlassen: „Wir werden ein bisschen umdenken und unser Programm erweitern. Wer also nicht gleich in die Fußstapfen unserer erfolgreichen Bundesliga-Damen treten will, ist uns auch im Judo als reinem Freizeitsport herzlich willkommen.“ Spiel und Spaß rücken stärker in den Vordergrund. Die Judo-Techniken werden in Zukunft noch häufiger als bisher spielerisch vermittelt. Und eine neue Judogruppe für Mütter und Kinder bis zu drei Jahren sowie eine Mini-Gruppe für Drei- bis Sechsjährige wird es ebenfalls geben.

Info: Mehr über Judo bei der Turnerschaft gibt es auf www.judo-gp.de. Eva Neumann und Peter Kensok bieten Trainern und Vereinen ihre Hilfe an, wenn es um die Optimierung des Trainings und des Gesamtangebots geht: Tel.: 07181/406798 und www.12talente.de.

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