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Sport während und nach Corona

Eberhard Jörg ist Dr. med. und dienstältester Judoka im SV Sillenbuch. Der Verbandsarzt des Württembergischen Judo-Verbandes (WJV) ist als Mattenarzt auch bei vielen regionalen und überregionalen Wettbewerben dabei. Aktuell, also Ende April, hofft er, das Kreuzfahrtschiff schon bald wieder verlassen zu können, auf dem er seit sechs Wochen als Arzt Dienst tut. Er berichtet über Sport auf engerem Raum und warnt uns Sportler vor Übereifer beim Wiederanpfiff nach Corona.

Von Dr. med. Eberhard Jörg:

Trotz des Kontaktverbotes ist es wichtig, die körperliche und geistige Fitness zu erhalten. Menschen, die gewohnt sind, in Fitnessstudios zu gehen oder einen Mannschaftssport betreiben, müssen umlernen. Auch Sportler von Kampf- und Kontaktsportarten müssen auf den Trainingspartner verzichten. Also ist nun jeder für sein Training individuell verantwortlich und muss ohne Trainingspartner auskommen.

Übungen ohne Gerät sind am einfachsten durchzuführen. Laufen, Radfahren, im Wald, über Felder sogar Urban Running über Treppen, Mäuerchen, Parkbänke ist möglich. An das Aufwärmen sollte sich ein koordinatives Training und Flexibilitätstraining anschließen. Für Menschen, die regelmäßig im Verein trainierten, wäre dafür die Grundlage das Wissen aus den gemeinsamen Übungsstunden.

Dr. med Eberhard Jörg an Bord: Auf der Judomatte 5. DAN, auf Kreuzfahrt mit drei breiten Streifen Arzt für Gäste und die Crew.

Sport während und nach der Quarantäne

Es gibt auch Videos wie auf YouTube, die solche Übungsfolgen mit animierender Musik anbieten. Man muss nur mitmachen, sollte sich aber vorher über die Intensität und Dauer informieren.

Das Ganze gibt es auch mit Geräten: Hanteln, Flexibar, Airexpad, Gymnastikmatte, Kettle-Bells und vieles mehr kann man zu Hause nutzen.

Egal ob mit oder ohne Gerät: Man muss beim Wiedereinstieg seinen Aktivitätszustand richtig einschätzen. Vier Wochen ohne den gewohnten Sport, das reduziert die Leistungsfähigkeit bereits um die Hälfte! Wer nach dieser Pause glaubt, er könne wie gewohnt trainieren, hat an den folgenden Tagen Schmerzen und schiebt diese am Ende auf den Sport statt auf die Pause mit der Ausgangsbeschränkung. Leider geht das dann oft auch zu Lasten der Trainingsmotivation.

Je länger die Pause ist, zum Beispiel wegen des Kontaktverbots und wegen des Versammlungsverbots, desto stärker ist der Verlust an Kraft, Ausdauer und anderen motorischen Fähigkeiten. Der Wiederanfang muss dann auf einem noch niedrigeren Niveau erfolgen. Für Übungsleiter heißt dies, beim Wiedereinstieg in das Training das Programm nach unten hin anzupassen, damit jeder Sportler die Chance hat, wieder einzusteigen.

Sport an Bord

Aktuell befinde ich mich auf einem Schiff, das sich seit sechs Wochen in Quarantäne befindet. Niemand darf von Bord, da die Behörden Angst vor einer Viruseinschleusung haben. Deswegen werden alle Grenzen geschlossen. Dabei war mir als zuständigem Arzt von Anfang an klar, dass wir keinen Corona-Fall an Bord hatten.

Nach einer Woche löste sich die distanzierte Haltung der Menschen an Bord auf. Um uns fit zu halten, organisierten wir Laufveranstaltungen an Deck, boten Kurse in Pilates, Yoga und Circle Training sowie Spinning an. Die Angebote waren mäßig besucht. Ich bot Judo für Anfänger an. Leider machte nur ein Crew-Mitglied mit, wollte aber weitermachen. Die Übungen entnahm ich meinem Programm »Judo für Ältere und Wiedereinsteiger«. Als Matte dienten Airex Gymnastik-Unterlagen. Selbst auf diesen war das Fallen im Anfängerbereich möglich. Und die Einheit machte riesig viel Spaß.

Nach vier Wochen nahmen wir Crew-Mitglieder von anderen Schiffen auf, um sie nach Deutschland mitzunehmen. Die aufsteigende Crew war weniger geübt. Sie hatten eine zu lange Trainingspause gemacht und verlangten nun zu viel von sich. Mehrere Menschen konsultierten mich wegen ihrer Schmerzen nach Übungen im Gymnastikcenter. Die entsprechende Trainingsberatung machte ich gern, und sie wurde auch gern angenommen.

Auch ich halte mich unter den Bedingungen an Bord fit: Ich fahre täglich 20 Minuten Rad, laufe 20 Minuten auf Deck und schwimme 15 Minuten im Pool. Danach Stretching , Bauchmuskel- und Koordinationstraining. Dieses Trainingsniveau möchte ich bis zur Wiederaufnahme der Sportaktivitäten beibehalten.

Eberhard Jörg hält sich auch auf kleinerer Fläche fit. Sein ärztlicher Rat: »Lasst es im Dojo beim Training nach Corona langsam angehen!

Die Verantwortung für den eigenen Körper

Hoffentlich gehen die Erkrankungszahlen schon bald zurück. Wir können nur an den gesunden Menschenverstand appellieren: Wenn sich jemand unwohl fühlt mit leichten grippalen Symptomen, dass er sich unaufgefordert zurückzieht und den Kontakt zu anderen Menschen meidet, damit er niemanden ansteckt. Das sollte selbstverständlich sein. Jetzt erst recht!

Jeder trägt selbst die Verantwortung für seinen Körper. Wer dementsprechend handelt, dem müssen weniger Regelungen und Gesetze übergestülpt werden. Ich fürchte, dass die so rigide sind, dass sie am Ende mehr Schaden anrichten als zu helfen.

So wurden aufgrund der Angst vor dem Corvid-19-Virus zwei Patienten mit Blinddarmentzündung fast 48 Stunden hingehalten, bis endlich die erforderliche Operation erfolgte. Ein Crew-Mitglied, bei dem eine akute Leukämie auftrat, die schnell lebensbedrohlich wird, wurde drei Tage bis zur Übernahme in ein Krankenhaus hingehalten. Erst dann konnte die Chemotherapie erfolgen.

Bilder: privat; Bearbeitung: Peter Kensok.

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