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WJV-Präventions- und Schutzkonzept

Einigkeit herrschte bei der Verbandsausschusssitzung des Württembergischen Judo-Verbandes über ein eigentlich brisantes Thema. Aber Verbands-Präsident Martin Bobert hatte gleich von vorneherein betont, dass „ein vorbildlicher Verband hier ganz klar Farbe bekennen muss“. Und als solchen sehe er den WJV. Es ging um ein neues Präventions- und Schutzkonzept zum Schutz von Sportlerinnen und Sportlern vor sexualisierter Gewalt.

Hierzu stellte Tanja Wente, die neu eingesetzte Schutzbeauftragte des WJV, die Problematik zunächst in einem Kurzvortrag dar. Die Aktualität des Themas führte sie mit dem Fall des 34-jährigen Schwimmlehrers aus der Region Kuppenheim und Lörrach vor Augen, dem knapp 200 Missbrauchsfälle an mindestens 40 Schwimmschülerinnen zur Last gelegt werden und der zu 12 Jahren Haft und anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt wurde.

Als aufsehenerregendsten Fall erinnerte sie an Dr. Larry Nassar, der als Team-Arzt mehr als 20 Jahre lang US-Turnerinnen sexuell missbraucht hat. Hier hatte der US-Turnverband jahrelang versucht, die Verbrechen zu vertuschen, schließlich wurden die Missstände aber doch öffentlich und Nassar wegen sexuellen Missbrauchs in 156 Fällen zu 175 Jahren Haft verurteilt.

Freilich, so die Schutzbeauftragte weiter, kommt sexualisierte Gewalt nicht nur in solch spektakulärer Ausprägung vor. Definiert wird sie als Form der Machtausübung mit dem Mittel der Sexualität mit, aber auch ohne Körperkontakt, wie sie vor allem in Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen vorkommen kann. Hierzu gehören auch schon verbale Grenzverletzungen oder als Versehen getarnte Berührungen. Und gerade der Sport bietet hierzu einen unerwünscht günstigen Nährboden, durch seine Körperzentriertheit und die oftmals auch durch ihre Funktionalität körperbetonende Kleidung. Zudem sei hier in vielen Fällen  Körperkontakt unvermeidbar, etwa durch Hilfestellungen oder die Zweikampfsituation, wie sie eben im Judo gegeben ist. Hinzu kommt das Abhängigkeitsverhältnis zum Beispiel zwischen Athlet/in und Trainer/in.

Dies untermauerte Wente mit Zahlen, bezogen auf den Sport mit der Studie „Safe Sport“ aus dem Jahr 2017 der DSHS Köln u.a. Die Untersuchung hatte 1.799 Rückmeldungen von Kaderathlet/innen ausgewertet, und 37% der Befragten hatten angegeben, bereits eine Form von sexueller Gewalt erlebt zu haben.

Zum offensiven Umgang mit dem Thema sexualisierte Gewalt im Sport hat der Württembergische Judo-Verband daher ein Präventions- und Schutzkonzept erarbeitet. In einem Infoblatt geht es auf der einen Seite um die Sensibilisierung von Trainern/innen und Referenten/innen sowie von Kaderathleten/innen. Zudem wurden ein Ehrenkodex und ein Verhaltenskodex erarbeitet, die beide von allen Trainer/innen und Referent/innen des Württembergischen Judo-Verbandes unterzeichnet und eingehalten werden müssen. Übungsleiter, die mit Minderjährigen umgehen, legen darüberhinaus ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vor. Über sämtliche Maßnahmen herrschte Einigkeit, sie wurden einstimmig beschlossen und von den Anwesenden auch gleich in die Tat umgesetzt.

Christoph Nesper

Anlage: Photo „2018 wjv – Präventionskonzept“ (Tanja Wente)

Weitere Informationen sind auf der WJV-Homepage unter der Rubrik "DER WJV" - "KINDERSCHUTZ" hinterlegt.

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